Bittgebete, Suchgebete, Klopfgebete

Gebet hat viele Dimensionen. Um frischen Wind für dein Beten zu bekommen, kannst du versuchen, eine Dimension zu entdecken, die bisher bei dir vielleicht noch nicht so im Fokus war.

Von Dr. Ulrich Wendel

Jesus hat das Beten einmal mit drei verschiedenen Handlungen verglichen: bitten, suchen, anklopfen.

Bittet, und ihr werdet erhalten. Sucht, und ihr werdet finden. Klopft an, und die Tür wird euch geöffnet werden. Denn wer bittet, wird erhalten. Wer sucht, wird finden. Und die Tür wird jedem geöffnet, der anklopft.
(Matthäus 7,7-8)

Daraus können wir drei verschiedene Aspekte des Betens ableiten. Es gibt Bittgebete, Suchgebete und Klopfgebete.

Bittgebete

Bittgebete sind uns nicht fremd, sie kommen häufig bei uns vor. Oft ist es unser Einstieg ins Beten, dass wir etwas brauchen und Gott darum bitten. Allein oder in Gemeinschaft, still oder laut ausgesprochen tragen wir Gott das vor, was wir wünschen, sei es für uns selbst oder für andere. Wir stellen einen bestimmten Umstand oder Sachverhalt in den Mittelpunkt. Jesus hat dieser Form des Betens starke Verheißungen gegeben. Die Psalmen sind voller Bitten an Gott, und zu Jesus kamen oft Leute, die ihn um etwas baten.

Suchgebete

Wer sucht, braucht etwas (ganz so wie der, der bittet). Aber es ist noch nicht so klar, wo man fündig werden wird. Während das Bittgebet zielstrebig zur Sache kommt, ist in einer Suche mehr Bewegung, mehr Tastendes, mehr Unsicherheit und Ausprobieren. Suchgebete wenden sich also hin und her – in der Hoffnung, in irgendeiner Richtung Gott zu finden. Suchgebete kommen manchmal aus einer Erschütterung heraus. Mit einem einzelnen „Gegenstand“, den Gott geben würde, ist es nicht getan. Gott selbst muss kommen.

Suchen ist ein Vorgang, der oft Zeit erfordert. Du kannst das Finden unter Umständen beschleunigen, indem du schneller oder intensiver suchst. Dabei steht dir oft schon eine bestimmte Vorstellung vor Augen, wonach du denn suchst. Das kann das Suchgebet einfacher und schwieriger machen: Einfacher, weil du ins Konkrete kommen musst und das Gebet nicht im Allgemeinen stecken bleibt und wolkig wird. Doch zugleich auch schwieriger, weil dir deine konkrete Vorstellung den Blick einengen kann. Du bist auf das fokussiert, was du für denkbar hältst, und das, was dir dann tatsächlich als Fund in den Weg gelegt wird, erkennst du vielleicht gar nicht als die Antwort auf dein Gebet.

Deshalb bringen Suchgebete es mit sich, ergebnisoffen zu beten. Der Blickwinkel soll weit sein. Und vielleicht hast du es auch schon mal im Alltag erlebt, dass du etwas gesucht hast und dabei etwas ganz anderes gefunden hast – vielleicht einen verlorenen Gegenstand, den du dann im Laufe der Zeit vergessen hast? Auch so etwas kann beim Such-Beten passieren.

Auch Suchgebete sind in den Psalmen zu finden – z. B. in Psalm 121: „Ich schaue hinauf zu den Bergen – woher wird meine Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Vers 1-2). Und zu Jesus kamen auch Menschen in der Haltung eines Suchgebets; darunter der Vater, der zu Jesus sagte: „Hab Erbarmen mit uns und hilf uns. Tu etwas, wenn du kannst!“ (Markus 9,22). Ob er bei Jesus an der richtigen Adresse war, wusste er noch nicht – daher die Einschränkung: „wenn du kannst“.

Warum sind Suchgebete wichtig? Weil dir beim Suchen eben noch nicht vollständig klar sein muss, wo genau du etwas finden wirst. Fehlen Suchgebete in deinem Gebetsleben, so kann das dazu führen, dass du dich erst dann zu beten traust, wenn du deine Lage einigermaßen sortiert hast. Du betest dann möglicherweise unnötig spät.

Klopfgebete

Wenn du anklopfst, hast du die richtige Tür schon gefunden. Du willst nicht unbedingt nur etwas an der Schwelle abgeben; meist möchtest du hineingelassen werden und mit dem Bewohner sprechen. Klopfgebete können wir uns so vorstellen, dass jemand einfach zu Gott hin möchte, um ihm zu begegnen und Zeit mit ihm zu verbringen. Klopfgebete sind nicht unbedingt durch eine Notlage, ein Defizit veranlasst, und sie zeigen auch nicht unbedingt eine Suchbewegung. Zielstrebig will man dorthin, wo man sein Zuhause kennt; es kann oft eine Art Heimkehr sein. Ein „Klopfbeter“ will nicht suchen, sondern aufsuchen.

Klopfen bezieht sich also nicht auf eine erbetene Sache, sondern auf eine Person. Du möchtest beim Klopfen in Kontakt kommen. Auch wenn du nur klopfst, um etwas zu erfragen, wirst du zuerst einer Person begegnen. Denken wir an das vorderorientalische Begrüßungsritual, das wir für die Worte von Jesus voraussetzen müssen: Hier steht die herzliche Begegnung mit der Person klar im Vordergrund, bevor dann ein bestimmtes Anliegen zur Sprache kommt.

Klopfgebete müssen sich notwendig auf Wartezeiten einstellen, bis der Herausgeklopfte reagiert. Du selbst bist in einer passiven Rolle. (Für Bibelnerds noch eine kleine Tiefenbohrung: Dass du als Klopfender in einer passiven Rolle bist, macht auch die grammatische Struktur des griechischen Begründungssatzes in Matthäus 6,8 deutlich. Während der Bittende und Suchende im Nominativ steht, also Handelnder ist, steht der Klopfende im Dativ: Ihm wird geöffnet werden. Er muss also warten, bis etwas an ihm passiert; bis jemand anderes aktiv wird.)

Auch für diese Art des Betens finden wir viele Beispiele in den Psalmen. Und viele Begegnungen von Menschen mit Jesus hatten den Charakter von Klopfgebeten: So war es bei den Jüngern, die Jesus beten hörten und selbst ebenso beten lernen wollten (Lukas 11,1); bei den Griechen, die speziell den Wunsch hatten: „Wir wollen Jesus gerne sehen“ (Johannes 12,21); auch bei dem Jünger in spe, der Jesus folgen wollte, wo der auch hingehe (Lukas 9,57).

Solche Klopfgebete sind am dichtesten an der Anbetung dran, die Gott um seinetwillen aufsucht. Das Bewegende ist außerdem: Zwar haben wir es nötig, zu Jesus zu kommen und ihn aufzusuchen. Dennoch kommt Jesus uns so weit entgegen, dass er seinerseits bei uns anklopft, uns aufsucht! Die Größe seiner Liebe zeigt sich darin, wie weit er sich zu uns herabbeugt!

Neues entdecken

Als Jesus von den drei Bewegungen sprach, mit denen man das Beten vergleichen kann, meinte er nicht drei völlig unterschiedliche Arten zu beten. Bitt-, Such- und Klopfgebete sind wie drei Kreise, deren Flächen sich stark überschneiden.

Aber wenn wir beten, ist es hilfreich, die drei Dimensionen zu unterscheiden. Du kannst hier einen kleinen Selbsttest machen: Welche der drei Gebetsarten ist dir bisher am wenigsten vertraut? Welche möchtest du tiefer entdecken? Von hier ausgehend kannst du Neues ausprobieren.

Dr. Ulrich Wendel ist Theologe, Pastor und Redaktionsleiter des Gebetsmagazins sela. sowie der Zeitschrift Faszination Bibel.

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